"Zürück in Chile"

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Die Einfahrt ist so zugewachsen, dass Mary sogar ihren Gärtner ruft, dem Tesomobil den Weg freizuschneiden. Bis hierher sind wir die gut 30 Kilometer von Santiago mit unseren zwei Gästen gut voran gekommen. Doch nun versperren uns die alten Bäume der Einfahrt des Bed and Breakfast El Magnolio den Weg. Während Guillermo die Säge schwingt, bekommen wir vier von der Hausherrin persönlich ihr einstiges altes Adobehaus, das sie in liebevoller Kleinarbeit in ein gemütliches Landhaus verwandelt hat, vorgeführt. Christiane und Enzo gefällt es hier auf Anhieb und so können wir auch nur wenig später das Mobil hinter dem Anwesen parken. Nachdem wir uns alle erst einmal eingewöhnt haben, jagen wir auch bereits zum ersten Mal durch Maries Garten. Sie zeigt uns die verschiedenen Jagdgebiete. Es gibt einfach alles in dieser wirklich schönen Grünanlage: Tomaten - elemantar für unseren obligatorischen, täglichen Tomatensalat - und frische Kräuter für die Pasta und sogar die letzten Himbeeren der Saison für den Nachtisch bzw. den Kuchen.

Von Maries Kleinod aus starten wir auch in den folgenden Tagen den ein oder anderen Ausflug. So erkunden wir innerhalb einer einstündigen Tour das größte Weingut Lateinamerikas und natürlich auch Chiles, Concha y Toro. Begeistert von den ehemaligen Herrschaftshäusern, sehen wir uns später noch die Keller des Gutes an und verköstigen verschiedene Tropfen, die uns alle jedoch nicht so sehr vom Hocker hauen. Aber nicht verzagen, haben ja noch vor auch ein anderes Weingut mit unserer Anwesenheit zu erfreuen. Die Abende verbringen wir dann wieder bei Mary. Wir genießen die letzten abendlichen Sonnenstrahlen neben dem Tesomobil und verbringen die Zeit mit Schwatzen und Spielen. Und was wäre ein Abend ohne geschälte grüne und rote Äpfel, die in stattlicher Anzahl die Schüssel füllen?

Als wir das Weingut Haras de Pirque besichtigen - fast hätten wir es auf Grund unseres trotteligen Taxifahrers nicht mehr rechtzeitig geschafft -, haben wir auch die erhoffte Gelegenheit, uns alles in Ruhe anzuschauen. Wir vier werden von einer sehr netten Mitarbeiterin zuerst durch die Stallungen des Gutes geführt, da man sich hier auch der Pferdezucht und dem Training der edlen Vierbeiner verschrieben hat. Christiane ist während der Besichtigung voll in ihrem Element und klärt uns auch über die elementaren Dinge in Sachen Pferde auf. Auf einem 600 Hektar großen Gelände haben sich die Gutsbesitzer diesen schönen Dingen, der Pferdezucht und dem Weinbau, gewidmet. Es wundert denn auch nicht, dass die Produktionsanlagen des Weingutes, die wir uns im Anschluss an die Pferdetour anschauen, in Form eines Hufeisens angelegt sind. Ebenso die Weinberge sind um die Pferdezucht in Form eines Hufeisens herumgepflanzt. Der schmackhafteste Teil unseres Besuches bei Haras de Pirque spielt sich am frühen Nachmittag dann unter der Erde ab. Gleich neben den Schätzen des Weingutes finden wir uns alle im Degustationsraum unter einem verglasten Brunnen wieder, der den Raum natürlich beleuchtet. Die Mitarbeiterin des Gutes lässt uns in aller Ruhe verschiedene Weine probieren und wir halten einen netten Plausch zu fünft.

 

Mary hat uns bei unserer Ankunft bereits gebeten, doch unbedingt einen Abend mit ihr gemeinsam zu kochen. So können die italienischen Anwesenden der lustigen Truppe gleich ihre berühmte Tomatensoße vorführen, während Christiane ihr Kuchenrezept mit den frischen und zuvor gleich nebenan im Garten gepflückten Himbeeren optimiert. Wir bevölkern allesamt die Küche und haben einen Heidenspaß mit Mary.

 

Wenn es am schönsten ist, soll man ja bekanntlich gehen und so verabschieden wir uns von unser aller Herbergsmutter und machen uns auf in die Hauptstadt Chiles. Da wir ja vor wenigen Tagen schon einmal in Santiago waren, finden wir uns gut zurecht und auch auf Anhieb das kleine Bed & Breakfast in Providencia. Das Tesomobil parken wir gleich gegenüber des Hauses und sind somit wieder alle vereint. Wir merken schnell, dass wir in einem sehr schönen Stadtteil Santiagos untergekommen sind. Tagsüber erkunden wir die Stadt und abends kann Lella kaum erwarten, dass die Karten auf den Tisch kommen und wir uns entweder mit Camps oder mit Rommee die abendliche Zeit im Tesomobil vertreiben. Aufgrund der Nähe zum kleinen Hotelchen haben wir sogar aus dem Mobil heraus Internet und können auch mal wieder unsere E-Mails lesen. Gleich um die Ecke herum ist zufälligerweise das beste Restaurant der Stadt anzutreffen und so kommen wir nicht umher, auch hier mal vorbeizuschauen und uns an seinen Speisen zu laben. Der Promotion des Hauses folgend, trinken wir eine gute Flasche chilenischen Weines zum Abendessen und bekommen noch eine weitere Flasche nach Begleichen der Rechnung mit auf unseren Weg ins Mobil zum Kartenspielen.

 

An unseren gemeinsamen Stadtrundgang durch die Innenstadt haben wir alle recht schlechte Erinnerungen. Nie hätten wir gedacht, dass gerade wir Opfer angeblich peruanischer Kleinkrimineller werden. Wie wir so durch die Fußgängerzone unweit der Kathedrale streifen, springt unversehens ein Räuber aus der Menge und reißt Christiane ihre schöne, seit Kindheitstagen geliebte Goldkette vom Hals. Nach diesem Attentat, wir sind alle sehr geschockt, machen wir alsbald kehrt, da wir ein sehr ungutes Gefühl haben, als wir weiterhin von mehreren dunklen Gestalten verfolgt werden. Scheinbar haben es die Diebe auch noch auf Thomas' Kamera abgesehen. So machen wir das einzig Richtige, indem wir behende in ein freies Taxi springen und uns weiteren Unannehmlichkeiten entziehen. In einem etwas ruhigeren Stadtteil trinken wir auf den Schreck erst einmal ein Bier und es ist vielleicht ein kleiner Trost für Christiane, dass der goldene Anhänger, der bei dem Raub auf die Erde gefallen ist, noch gerettet werden konnte. Trotzdem haben wir alle keine rechte Lust mehr, uns noch weiter in der Stadt aufzuhalten, und bewegen uns wieder nach Hause zu dem kleinen Hotelchen und zum Tesomobil. Tags darauf gehen wir lieber in ein benachbartes Shoppingcenter, schließlich ist es an der Zeit, dass Thomas seine heißgeliebten Flipflops "mit Fußbett" gegen ein paar ansehnlichere tauscht.

 

Nach dreiwöchiger gemeinsamer Zeit, in der wir eine kleine Runde durch Chile und Argentinien gedreht haben, ist nun die Zeit des Abschieds gekommen. Wir fahren mit dem Tesomobil nun schon zum zweiten Mal zum Flughafen Santiagos. Diesmal allerdings ist die Stimmung etwas gedrückter als beim ersten Mal. Mit mindestens einem weinenden Auge verabschieden wir uns nach einer gemeinsamen Tasse Kaffee und lassen die beiden auf dem Flughafen zurück.

 

Bevor wir uns jedoch so richtig gen Süden aufmachen werden, wollen wir noch einmal kurz bei Mary vorbeifahren. Vielleicht erlaubt sie uns ja, unsere Wäsche in ihrer Maschine zu waschen, denn wir haben kaum mehr etwas anzuziehen. Die Freude, uns wiederzusehen, ist groß bei Mary und sie lädt uns direkt ein, länger bei ihr zu bleiben. Kaum aus dem Mobil entstiegen, sitzen wir auch schon in der Küche. Es muss etwas bereitet werden gegen den Hunger und da trifft sich unsere Ankunft sehr gut. Zu dem auf dem Herd köchelnden Reis spendieren wir noch die Reste unseres gestrigen Ratatouille und schon haben wir alle samt Maries Freundin und ihrer Hausangestellten ein leckeres Mittagessen. Zwischendrin kümmern wir uns gemeinsam mit Gärtner Guillermo um die Sanierung ihres Gartenteiches. Der leckgeschlagene Teich wird kurzerhand mit Teichfolie ausgeschlagen, das Wasser wieder hineingefüllt und kurz darauf die Pflanzen wieder im Teich drapiert.

Mary weckt uns erst um elf Uhr des nächsten Tages, gerade so früh, dass sie ihre Wette, uns nicht vor neun Uhr loszuwerden, gewinnt. Immernoch mit Aufräumarbeiten rund ums Reisemobil beschäftigt, entschließen wir uns, ihre Gastfreundschaft doch noch einen weiteren Tag zu genießen. So sitzen wir abends gemeinsam mit John und Carmen, weiteren Gästen von Mary, bei einem gemütlichen Abendessen zusammen und unterhalten uns über Hölzchen und Stöckchen. Unser Versuch, unsere gewaschene Wäsche auch noch zu trocknen, wird leider von der herannahenden Erntemaschine vereitelt. Diese bzw. deren Hinterlassenschaften vernebeln den ganzen Nachmittag die Hacienda und das Tesomobil. So werfen wir alles auf einen Haufen in das Auto und entschließen, uns auf unserer weiteren Fahrt nach einer Wäscherei Ausschau zu halten, um die Arbeit nochmal zu machen.

 

Nachdem wir einige Flaschen dieses leckeren, bei Mary erblickten Carmenères auf dem Weingut in Palmilla erstanden haben und so vor uns hertruckern, kommt uns ein grünes Offroad-Reisemobil mit deutschem Kennzeichen entgegen. Wir treten einmal vorsorglich auf die Bremse und schalten unseren Warnblinker ein als Signal, dass wir anhalten. Scheinbar wird dieses Zeichen erkannt und einige Sekunden später haben Karin und Reinhold in ihrem "el verde", einem grünen Toyota, gedreht und stehen nun hinter uns am Straßenrand. Sie kommen von Süden herauf und sind in entgegengesetzter Richtung zu uns unterwegs. So gibt es eine Menge zu besprechen und zu bequatschen. Nach dem Plausch am Straßenrand merken wir schnell, dass wir mehr Zeit zum Klönen brauchen, gibt es doch vieles auszutauschen. So suchen wir uns einige hundert Meter weiter einen geeigneten Stellplatz für die Nacht, werfen einige Lebensmittel zusammen, ehe wir uns alle im Tesomobil zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch bis tief in die Nacht versammeln. Sie haben Tausende interessanter Tips für uns auf Lager und wir können ihnen auch einiges mit auf den Weg geben.

Wie wir sind Karin und Reinhold ebenso keine Frühaufsteher und wie es scheint auch nach dem Aufstehen eher an einer Fortsetzung des gestrigen Gespräches interessiert. So werfen wir nocheinmal ein paar Dinge zusammen, kochen eine große Pasta, entkorken ein, zwei Flaschen Rotwein und hängen gleich noch einen Gesprächsmarathon bis diesmal vier Uhr nachts dran. Wie doch die Zeit vergehen kann, ohne dass man es merkt, wenn es nur Spaß macht. Wir haben viel gelacht und hätten nie gedacht, gleich zwei Nächte in einer Einfahrt eines Bauernhofes zu stehen und fast zwanzig Stunden in den Expeditionsfahrzeugen zu quatschen. Vielen Dank für die netten Stunden zu viert, Euch beiden, und gute Reise. Vielleicht sehen wir uns ja auch noch einmal wieder, da Karin und Reinhold im Juni ihren Heimaturlaub von Buenos Aires aus starten werden. Wir werden sehen. 

 

Zurück auf der Ruta 5, der Panamerikana also, geht es seit zwei Tagen im fast Dauerregen immer geradeaus. Von der Wetteränderung mit einherbrechender Kälte sind wir beide ziemlich überrascht, auch wenn von Beginn an klar war, dass wir irgendwann auch in winterliche Gefilde kommen würden. Nun ist es so weit. Aber wir finden auch etwas Gutes an diesen Regentagen. Unseren Weg säumen in regelmäßigen Abständen die sehr gepflegten Copec-Tankstellen, an denen wir einfach parken können und dort neben sauberen Duschen, kostenlosem Internetzugang auch noch einen sicheren Nachtplatz genießen können. So bewegen wir uns stetig einige Kilometer weiter südlich. Was machen wir bloß mit unserer mittlerweile hoffnungslos muffelnden Wäsche, haben wir doch gar nicht daran gedacht, dass alle potenziellen Waschsalons über das Feiertagswochenede geschlossen sind. Und somit haben wir für den morgigen Montag auch schon etwas auf unserem Zettel stehen, sowie wir die erste größere Stadt erreichen.

 

Von unterwegs viele liebe Grüße aus der Kälte

 

Lella und Tommi

Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten ansehen:
www.tesomobil.de/index.php

 

 

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