"Wir haben es geschafft!"

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Die Ernüchterung ist groß, steht man am Eingang eines Nationalparkes und der Ranger ist nicht gewillt, einen hineinzulassen, weil man keine Schneeketten auf dem Allrad-LKW hat. Die Straße sei zu gefährlich und dort sei nichts, was im Fall der Fälle Halt geben kann und so sei es für uns quasi unausweichlich, unser Auto den Hang hinab in den See zu schmeißen! - Das will ja keiner! Nachdem wir schon den Fitz Roy vor einigen Tagen nicht zu Gesicht bekommen haben, möchten wir unbedingt die Gletscherzunge des Perito Moreno sehen und beschließen, das Tesomobil auf dem Parkplatz beim Ranger abzustellen und bitten andere Nationalparkbesucher, uns die letzten  30 Kilometer mitzunehmen.

Ein älteres Ehepaar aus Buenos Aires, das sich hier die Gegend anschaut, ist auch sehr hilfsbereit und nimmt uns mit zum Gletscher. Bereits auf den ersten Metern ist augenscheinlich, dass uns der gute Ranger des Parks absoluten Blödsinn erzählt hat und die Straßen außer einer zarten Puderzuckerschicht kaum Schnee aufweisen. Und die steilen Stellen, vor denen uns der Herr gewarnt hat, können wir entlang der gesamten Fahrt nicht finden. Trotzdem schafft es jedoch unser Gastgeber, in einer Kurve einen rasanten Dreher hinzulegen und somit den Blutdruck aller Beteiligten für kurze Zeit in die Höhe zu treiben. Außer dem Schreck ist nichts passiert und so hat der betagte Herr auch wenigstens ein erstes Mal in seinem Leben etwas Fahrerfahrung im Schnee sammeln können.


Über Umwege kommen wir trotzdem noch lebend am Perito Moreno Gletscher an und sind von seiner Größe schier überwältigt! Noch im Moment, als wir aus dem Auto aussteigen, nicht ohne uns für die interessante Fahrt bedankt zu haben, krachen große Stücke aus der über siebzig Meter hohen Eiswand unter lautem Getöse in das sicherlich eiskalte Wasser des Lago Argentino. Wir wandern gute eineinhalb Stunden an der der Abbruchkante des Gletschers gegenüberliegenden Seeuferseite entlang und betrachten das grandiose Schauspiel aus den verschiedensten Perspektiven. Die Temperaturen haben hier Eistruhenqualität. Wir kennen die überall zu bestaunenden Hochglanzfotos von Menschen im T-Shirt unter stahlblauem Himmel vor einer in Hellblau leuchtenden Eiswand. Und wir wissen auch, dass wir diese Fotos nur im Hochsommer hätten schießen können. Man kann nicht alles haben! So kehren wir anschließend noch in dem dortigen Besucherrestaurant auf eine heiße Schokolade ein und suchen uns eine Mitfahrgelegenheit zurück zu unserem Mobil. Gerne hätten wir das Mobil hier oben auf dem Parkplatz gehabt. So hätten wir uns ein Süppchen kochen und aus der gemütlichen und warmen Kabine dem Gletscher noch etwas beim Kalben zuhören können. Wir nehmen uns fest vor, uns bei dem Ranger gebührend dafür zu bedanken, wenn wir wieder am Eingang sind, doch vorher müssen wir Ausschau nach potentiellen Rückfahrern halten. Bald werden wir fündig, doch die Abfahrt ist erst 30min später geplant. Als wir diesmal sicher, da mit einem Profifahrer in seinem Touristenbus, ankommen, hat der Ranger sein Büro feierabendbedingt (zu seinem Glück) schon geschlossen. Unser Feedback wäre sicher so interessant wie unser Hinweg gewesen...!


Zunächst geht es für uns die ersten neunzig Kilometer wieder entlang des Seeufers zurück, ehe wir unsere Fahrt durch die patagonische Steppe fortsetzen. Wir treffen nicht sehr viele Menschen entlang des Weges. Es scheint hier nur Guanaco- und Schafherden und vereinzelt Nandus zu geben. Der Wind zerrt am Auto und drückt mal von links und mal von der rechten Seite auf unser nicht gerade windschnittiges Gefährt. Entschädigt werden wir heute, indem uns wer auch immer einen riesigen Regenbogen an den Himmel zaubert. In Regenpausen halten wir, so sich die Gelegenheit ergibt, am Straßenrand an (Wir könnten auch einfach mitten auf der Straße stehenbleiben - Es fahren hier ohnehin keine anderen Autos außer unserem!), um Kontakt zu den hiesigen Steppenbewohnern aufzunehmen. Wärend Lella in der Kommunikation mit Nandus erste Fortschritte macht und sich sogar perfekt in deren Bewegungsabläufe einfühlt, bleibt Thomas' Jagd auf ein saftiges Gunanacosteak erfolglos.

Durch sehr eindrucksvolle Landschaften fahrend, erreichen wir später mit einem Fünfhäuserdorf den Grenzübergang zu Chile. Es geht mehrmals hin und her zwischen den beiden Ländern Chile und Argentinien. Wir sind heute die ersten Touristen, stellt doch der Grenzbeamte, den man bei Bedarf aus seiner über der Grenze angesiedelten Wohnung klingeln muss, erst einmal den Datumsstempel auf das aktuelle Datum ein.


Zum Nachmittag erreichen wir unser heutiges Ziel, den Nationalpark Torres del Paine. Viele der Schotterpisten sind wetterbedingt bereits in Teilen gefroren und somit setzen wir unsere Fahrt im Park vorsichtig fort. Auf dem Parkplatz der Hosteria Pelhoe, direkt am Ufer des gleichnamigen Sees, stellen wir den Motor für heute ab und richten unseren Stellplatz ein, verkriechen uns ins Mobil und schalten die Heizung ein. Es dauert nur einige Minuten und unsere Gasheizung hat das Innere unseres fahrenden Häuschens auf gemütliche Temperaturen erwärmt. Für eine Partie Rommee sind wir immer zu haben. (Bedauerlich, dass wir zu zweit leider kein Camps, wie noch zu Santiago-Zeiten mit Christiane und Enzo spielen können. Aber wir halten nach Opfern Ausschau!)


Am nächsten Morgen wachen wir als verblüffte Betrachter eines traumhaften Bergseepanoramas auf und schauen uns das Naturschauspiel ausgiebig an. Unweit unseres Standplatzes ist ein kleiner Campingplatz, dessen Betreiber ein kleines Lädchen mit frischen Zigarretten bereithält, dem wir auf Grund eines Engpasses erleichtert einen Besuch abstatten, und wir machen uns dann auf zu einem kleinen Spaziergang durch diese rauhe Landschaft. Später fahren wir mit dem Tesomobil als fast einzige Besucher durch den Nationalpark und besuchen die Torres del Paine, stellen uns direkt an den dortigen See und genießen die nächsten Sichten auf die drei nadelartigen Granitberge. Außer Guanacos und den obligatorisch über unseren Köpfen kreisenden Kondoren ist hier weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Dies liegt zu einem großen Teil bestimmt auch an der Jahreszeit. Am Abend kommen lediglich zwei berittene Ranger des Weges, um mal einen neugierigen Blick auf das Tesomobil zu werfen und um uns darüber zu informieren, dass der hiesige Campingplatz geschlossen sei und wir nicht über die dortigen Sanitäreinrichtungen verfügen könnten. Kein Problem, wir brauchen nichts - außer einem wolkenfreien Himmel! Wir haben alles an Bord. Staunend traben die beiden Ranger, in dicken Jacken und auf lammfellgepolsterten Sätteln mit ihren Pferden davon und verschwinden alsbald in der Dunkelheit.


Wir schlafen wie die Steine in dieser Umgebung und können uns auch fast nicht sattsehen. Doch dann satteln auch wir wieder das Mobil und begeben uns auf unseren nächsten Weg hinüber zum Lago Grey, immer noch im Nationalpark Torres del Paine. In unserer Vorstellung werden wir auf diesem Gletschersee neben der am Seeende in das Wasser ragenden Gletscherzunge auch vereinzelte in unwirklichem Hellblau auf dem See treibende Eisberge sehen. Lella hat für dieses Ereignis einen Illy-Milchkaffee zubereitet und in Thermosbecher gefüllt, wollen wir uns doch mit dem Schraubenzieher ein Stück Eis abpickeln und uns am See einen Iced Latte gönnen. Tja, alles in allem kein Problem - im Sommer. Im Winter hingegen macht der Lago Grey seinem Namen alle Ehre und alles zeigt sich unseren Augen Grau in Grau. Zwar treiben vereinzelte Eisschollen auf dem See, doch leider sind diese weit von uns entfernt und auch die Gletscherzunge können wir nur schwer erblicken. Wir machen einen Spaziergang an der frischen Luft in dieser nasskalten Umgebung, raffen uns noch auf, bis hinauf zum Mirador auf die kleine Halbinsel im See zu laufen, um nicht wirklich überrascht festzustellen, dass man auch hier nicht mehr sehen kann. Unseren Drink mit echtem Gletschereis holen wir dann an der Bar des benachbarten Hotels nach.


Am Nachmittag sind wir noch einige Kilometer gefahren. Vom südlichen Ausgang des Nationalparks Torres del Paine führt eine neue Straße nach Puerto Natales. Auf dem Weg dorthin liegt eine Höhle, in der Knochenreste eines prähistorischen Riesenfaultiers, einem sogenannten Mylodon, gefunden wurden. So stellen wir bei herreinbrechender Dunkelheit - wir wollen hier im Schnee lieber nicht im Dunkeln fahren - das Auto vor dem Eingang der Höhle ab und werden dem Faultier bzw. seiner Plastiknachbildung am nächsten Morgen einen Besuch abstatten, um im Anschluss die letzten sechzehn Kilometer bis nach Puerto Natales zurücklegen.

Bereits in der Nacht haben wir uns über die falsche Schräglage unseres Bettes gewundert, dachten jedoch, eventuell mit dem Reifen im weichen Untergrund eingesunken zu sein. Beim morgendlichen Warmlaufenlassen des Tesomobils stellen wir jedoch fest, dass wir einen Plattfuß haben! Da wir noch mit Luft im Reifen am Abend angekommen sind, kann das Loch nicht sonderlich groß sein und somit verzichten wir auf den Frühsport des LKW-Reifenwechsels im Schnee bei sicherlich Minusgraden. Stattdessen pumpen wir den Reifen auf und gehen erstmal zum Mylodon in die 300 Meter entfernte Höhle. Natürlich steht hier lediglich eine Plastiknachbildung des im Original im Englischen Museum befindlichen großen Pflanzenfressers, der Anblick ist dennoch ganz nett.


Unser Reifen hat nicht sehr viel Luft verloren während unseres kleinen Rundganges, sodass wir glauben, Puerto Natales auch ohne Schwierigkeiten erreichen zu können. Die Straßen scheinen verwaist, die Geschäfte sind alle geschlossen - es dauert nicht lange, bis wir herausgefunden haben, dass wir wieder einmal mit unseren Wünschen am Feiertag unterwegs sind! Und nachdem wir auch mit der Hilfe einer am Straßenrand befindlichen Gomeria unsere seit Kanada sehr fest sitzenden Radmuttern nicht losbekommen, entscheiden wir uns doch gleich zur Weiterfahrt nach Punta Arenas, der südlichsten Stadt Chiles und letzten Möglichkeit, sich mit allem Nötigen zur Weiterfahrt nach Feuerland und an das Ende der Welt zu versorgen. Zwar sind es knappe zweihundertfünfzig Kilometer, was bestimmt einige Aufpumpstopps erforderlich macht, aber anders können wir uns hier und jetzt nicht helfen. So halten wir einmal in der Stunde, um nach der verbliebenen Luft im Reifen zu schauen, erreichen aber am späten Abend tatsächlich Punta Arenas und stellen uns auf eine auch Reifen reparierende Tankstelle. Kurz nach dem Abstellen des Autos ist dann auch gänzlich die Luft raus und so kann man uns noch nicht einmal verjagen.


Nach einer verdrehten Nacht, weil mit dem Kopf nach unten, lassen wir den dortigen Mitarbeiter der Tankstelle seines Amtes walten. Ausgerüstet mit schwerem Werkzeug verzweifelt er zwar fast an den Radmuttern des Mobils - doch wenig später haben wir den geflickten Reifen bereits wieder am Auto und begleichen die sechs Euro günstige Rechnung. Hier können wir auch wieder unsere leere Ersatzgasflasche füllen. Eine zweite volle Flasche dabei zu haben, verleiht bei den hier vorherrschenden Temperaturen ein beruhigendes Gefühl!


Schon in El Calafate haben uns Einheimische verrückt gemacht, dass wir Ushuaia ohne Schneeketten nicht erreichen werden. Die Polizei würde uns ohne Ketten schlichtweg nicht auf den Paso Garibaldi lassen. So ist unser Einkaufszettel um den Besuch der Zona Franca, einer Freihandelszone im hiesigen Hafen, um passende Schneeketten verlängert. Wir sind ernüchtert, dass in dieser Stadt für unsere Reifengröße keine Schneeketten aufzutreiben sind! Sollte es uns nicht möglich sein, nach Ushuaia hinunterzufahren? Nachdem wir über 46.000 Kilometer mit dem Expeditionsmobil durch verschiedenste Vegetationszonen zurückgelegt haben, soll uns jetzt die Polizei an der Fahrt der letzten 100 km nach Ushuaia hindern?


Gut. Zuerst werden wir die Magellanstraße überquehren, um wenigstens einen Fuß auf Feuerland gesetzt zu haben. Diese sagenumwobene Insel wollen wir uns zumindest anschauen und dann werden wir weitersehen! Entlang der Magellanstraße, vorbei an hier seinerzeit gestrandeten Schiffswracken fahren wir bis hinüber zur ersten Engstelle dieser 1651 entdeckten Durchfahrt. Es verkehren hier regelmäßig Fähren und so sind wir auch nur nach kurzer Zeit in Tierra del Fuego - Wir haben Feuerland erreicht!

Auf der Fähre lernen wir Néctor, den LKW-Fahrer einer Spedition aus Buenos Aires, kennen. Er versucht, uns unter die Arme zu greifen und den Fährmann davon zu überzeugen, dass wir als kleiner Expeditions-LKW nur den geringen Preis für normale Autos zu zahlen haben. Doch leider klappt das hier nicht und man berechnet uns den regulären LKW-Tarif. Aber wichtiger ist, dass Néctor uns einen großen Stein vom Herzen nimmt - Er meint, der Pass stelle derzeit kein Problem für unser Mobil dar, und berichtet von der Beschaffenheit des so gefürchteten Passes vor Ushuaia. Schließlich fährt er die gesamte Strecke von Buenos Aires bis an das Ende der Welt innerhalb von zehn Tagen hin und zurück! Wir haben uns während der zwanzigminütigen Überfahrt sehr nett unterhalten und er hat sogar zwei weiteren unterwegs befindlichen Kollegen über Funk von uns erzählt und sie beauftragt, ein Auge auf uns zu werfen und uns bei eventuellen Schwierigkeiten zu Hilfe zu kommen. Was für eine nette Geste!


Zwar hat er uns schon wenige Minuten nach Verlassen der Fähre mit seinem viel schnelleren Scania überholt, doch treffen wir ihn bereits zwei Tage später an einer Tankstelle in Rio Grande wieder. Er hat seine Fracht bereits geliefert, wartet auf die Zollformalitäten für die Fracht für den Rückweg, während wir hier Zwischestopp vor unserer Ushuaia-Etappe machen. So ist es nicht erstaunlich, dass wir uns bei gemeinsamem Kaffee im Tankstellenrestaurant wiederfinden und Geschichten erzählen. Er gibt uns viele Tipps, zeigt uns sein Auto und schaut sich unseres an. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen, um zu seiner bevorzugten Gomeria zufahren, damit man sich dort unsere Radmuttern anschaut und diese gegebenenfalls nachzieht. Auch will er uns helfen, den auf den vielen Wellblechpisten nach vorne verrutschten großen Dieseltank wieder in die richtige Position zu verschieben. So viel Hilfsbereitschaft auf einmal ist ziemlich überraschend! Wenn wir Néctor auf unserem Weg nach Buenos Aires erneut begegnen sollten, werden wir ihn als Dankeschön auf einen Kaffee einladen. Eigentlich trinken sie hier alle ja gar keinen Kaffee, denn was die Kaffeekultur in Europa, ist hier vielmehr die des Matetees. An fast jeder Tankstelle stehen Heißwasserautomaten, wo man sich oft umsonst, manchmal gegen ein kleines Entgeld, heißes Wasser zapfen kann, um damit den Mate seiner Wahl in seinem eigenen Becherchen zubereiten kann. Oft schon haben wir uns bei Standplätzen mit Truckerromantik über große grüne, etwas an Dung erinnernde Häufchen neben den LKW's gewundert, bis wir darauf kamen, dass es sich hierbei um nichts anderes handelt als die Reste des Mate. Denn gerade unter LKW-Fahrern wird diese Tradition geradezu zelebriert. So kommt es auch, dass wir bei unserer Suche nach Espresso in den unterschiedlichsten Supermärkten meist erfolglos sind. Während der passionierte Kaffeetrinker meist nur Nescafé findet, eröffnet sich dem Mateteetrinker meist ein ganzer Flur im Supermarkt.


Die Straßen sind nass und mit Erreichen höher gelegener Gebiete werden sie etwas rutschiger. Die seit Tagen gefürchtete Polizeistelle am Fuße des Garibaldi-Passes ist zwar besetzt, doch kontrolliert uns niemand - die leuchtroten Hütchen stehen aufgestapelt neben der Eingangstüre des Gebäudes und die Schilder zur Straßensperrung liegen in Pausenhaltung am Straßenrand. Wir deuten dies als Unbedenklichkeitserklärung der vor uns liegenden Strecke und dieseln den Pass hinauf. Die die Straße überdeckende Eisschicht ist an den meisten Stellen durch die Ketten der sie befahrenden Autos aufgebrochen und es sind nur noch einige rutschige Stellen vorhanden, die uns aber nicht daran hindern, weiterzufahren - und die Beifahrerin einen Beinaheherzinfarkt zu erleiden! Auf der anderen Seite fahren wir wieder hinab und so haben wir den Paso Garibaldi für's Erste geschafft! Von hier aus sind es noch vierzig Kilometer bis in die südlichste Stadt unserer Erde - Ushuaia!


Hier sind wir nun! Das Ende der Welt begrüßt uns zwar mit eisigem Wind, aber es ist trocken und schneefrei. Viele erzählten uns über diese Stadt, dass sie nichts Besonderes hätte oder gar hässlich sei. Nachvollziehen können wir das nicht. Im Gegenteil, finden wir die Stadt richtig charmant und im Vergleich zu bislang in Südamerika und auch Argentinien gesehenen Städten sogar durchaus hübsch. Vielleicht liegt dies aber auch daran, dass das Erreichen dieser Etappe in so weite Ferne gerückt war und wir so erleichtert sind, hier zu sein!


Geparkt bei der Tankstelle der YPF, stoßen wir direkt auf eine sehr schöne Kneipe in einem restaurierten, alten Krämerlädchen. Die Betreiber haben die Kneipe in einer Art Museum eröffnet und die Atmosphäre hier ist eine besondere. Richtig gemütlich. Sie schenken ein hervorragendes Obergäriges aus und erfreuen sich einer hervorrangenden Internetverbindung.


Dem Museo Fin del Mundo sowie dem Museo Maritimo mit dem angegliederten alten Gefängnis, welches zwecks Kolonialisierung Ushuaias errichtet wurde - 11 ehemalige und rückfällig gewordene männliche sowie 9 weibliche Sträflinge kamen freiwillig hier her - statten wir unseren Besuch ab und schlendern durch die Straßen dieses kleinen und doch recht alten Städtchens. Immer wieder kehren wir ein in unsere mittlerweile Stammkneipe "Ramos Generales", gegenüber unseres Tankstellenstellplatzes.


Gewöhnungsbedürftig und sicherlich etwas, was für uns das Leben an diesem Ort zu einer Qual machen würde, ist die Tatsache, dass man morgens nichts sieht, wenn man die Augen aufschlägt. So sind wir gezwungen bis mindestens zehn Uhr vormittags zu schlafen. Wachen wir doch einmal gegen acht Uhr auf, überredet uns der Blick aus dem Fenster sehr schnell, noch ein paar Stündchen draufzulegen, da es so dunkel ist wie nachts um zwei. Darüberhinaus und sicherlich noch verschlimmert durch die vorherrschende Jahreszeit ist die eher als bescheiden zu bezeichnende Anzahl an Sonnenstunden, bedenkt man, dass es um 16 Uhr bereits wieder dunkel wird. Doch trotz allem machen wir uns hier eine schöne Zeit. Im Hinterkopf haben wir natürlich immer unseren Freund Garibaldi bzw. den nach ihm benannten Pass. Wird er wohl noch befahrbar sein, wenn wir uns zur Weiterfahrt entscheiden? Abwarten, wir werden sehen!


Mit Ushuaia haben wir den südlichsten Punkt unserer Reise mit dem Tesomobil erreicht. Selbst wenn wir wollten, könnten wir nicht südlicher reisen. Hier kommt nur noch das doch hoffentlich ewige Eis der Antarktis, das zu besuchen wir vorher bedingt durch die astronomischen Preise erst im Lotto gewinnen müssten. Utopisch, weil wir gar nicht spielen. Ferner sind diese Reisen, zumindest unter Naturschützern, auch sehr umstritten, finden sie doch in einem der fragilsten Ökosysteme unseres Planeten statt. Moose, die niedergetreten werden, brauchen etwa zehn Jahre um sich wieder aufzurichten. Während sich natürliche Abfälle in europäischen Breiten rasch zersetzen, braucht z.B. eine Bananenschale für den gleichen Prozess hier mehrere Hundert Jahre. Eine tote Robbe benötigt ca. 3000 Jahre, bis sie vollständig verwest ist. Was da etwa weggeworfene Zigarrettenstummel bewirken, kann sich ein jeder ausmalen. Somit spräche eigentlich nichts dagegen, wenn die Antarktis der letzte große weiße Fleck auf den Landkarten bleiben würde.

Von hier aus treten wir nun unsere Rückreise an. Es wird - sofern wir es wieder zurück über den Pass schaffen - 3.063 km mehr oder weniger entlang der argentinischen Küste bis hinauf nach Buenos Aires gehen. Das erste Stück kennen wir ja bereits, da wir die Strecke bis zur Magellanstraße auf derselben (weil einzigen) Straße durch Feuerland nach Norden fahren. Unsere irischen Reisefreunde Sheila und Jimmy haben, uns vorauseilend, bereits die ersten Wale an der argentinischen Küste gesichtet und sind der Meinung, dass es Hunderte von Walen sein werden, wenn wir den Teil der Küste erreichen. Das ist genau nach unserem Geschmack und so freuen wir uns schon jetzt darauf, die 30-Tonnen- Kolosse aus dem Wasser springen zu sehen!

Bis dahin machen wir uns die TRUMA an und sagen: Bis bald aus dem frostigen Mobilheim von Fin del Mundo!
Lella und Tommi

Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
www.tesomobil.de/index.php

 

 

 

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