reise-geschichten
Port Alberni zeigt sich von seiner künstlerischen Seite, als wir am frühen Nachmittag den Hafen der kleinen Stadt erreichen. Die
„Winklepickers“ mit ihren Bandmitgliedern in gesegnetem Alter lassen fröhliche Töne erklingen und wir, die Sonnenstrahlen bei einer Tasse Kaffee genießend, befinden uns einmal mehr inmitten
des Getümmels, als sich binnen einer dreiviertel Stunde die gesamte Dorfgemeinde zum donnerstäglichen Veranstaltungshöhepunkt um uns herum versammelt. So fällt uns auch die Entscheidung, unser
Nachtlager dort direkt am Hafen mit dem von uns so geschätzten Blick direkt auf das Wasser aufzuschlagen, nicht schwer.
Am nächsten Morgen kurven wir nach Tofino, das uns von Insulanern so häufig ans Herz gelegte wird, und sind möglicherweise auch wegen des verregneten Tages etwas enttäuscht über dieses sehr
touristisch überflutete Städtchen. Hinzu kommt, dass die Fischer und Alt-Hippies, die dem Örtchen einst zu seinem Flair verhalfen, durch allzu viel Tourismus und einhergegangene Preissteigerung
fast gänzlich aus dem Ort verdrängt worden sind. Dennoch machten wir Halt, hoffen wir doch, an dieser Stelle des Pazifiks einen Blick auf Wale und andere Meeresbewohner werfen und auch in den
Norden der Insel fahren zu können, um dort die Hot Spring Coves zu erreichen, die mit ihren natürlichen übereinander liegenden Felspools die wundervollsten heißen Quellen darstellen, die wir
bislang gesehen haben. Wir buchen ein Ticket zu den Maquinna Marine Provincial Park für den nächsten „Morgen“ um 13:00 in der festen Gewissheit, dass sich unser Freund Fantozzi von seiner gütigen
Seite zeigen wird, und legen somit unseren ersten Termin seit über 10 Wochen.
Dieses Stelldichein bildet trotz der anfänglich widrigen Wetterverhältnisse einen Höhepunkt unserer Reise und einer der Tiefpunkte für Lellas Magen. Das anderthalb Stunden andauernde
Pazifikwellenreiten auf einem kleinen Schnellboot ist etwas ungewohnt für sie, sodass sich ihre Gesichtsfarbe schnell der grauen Farbe des wolkenverhangenen Himmels anpasste. Dass wir auf unserem
Weg auf enorm große Seelöwen mit einem geschätzten Gewicht von 850 kg und auf diverse Wale stoßen, die sich leider nur mit ihrer Schwanzflosse blicken lassen, ändert nichts an ihrer desolaten
Verfassung.
Am Anlegeplatz angekommen, geht es auf dem 2 km langen beplankten Pfad durch schönsten Regenwald und so allmählich bessert sich ihr Zustand, als wir die Schlucht mit den Quellen ohne befürchtete
Zwischenfälle erreichen. Dort werden wir für die Quälerei belohnt und wir tauchen unsere Körper abwechselnd in das schwefelhaltige heiße Nass und zur Abkühlung in das eiskalte angrenzende
Pazifikwasser.
Nach drei sehr erholsamen Stunden wurden wir wieder am Anlegeplatz wie vereinbart erwartet und da sich die Wettersituation auch schon gebessert hat, ist die schnellere Rückfahrt über die
Inside-Passage, die Lella trotz der feucht-kalten Temperaturen sicherheitshalber am vor Frischluft strotzenden Heck des Bootes verbringt, viel erträglicher.
Frische Seeluft macht müde, so heißt es. Das dürfen wir an diesem Abend am eigenen Leib erfahren! Wir sind an diesem Abend total geschafft und schlafen wie die Steine erneut an dem Stellplatz,
den wir dreisterweise schon am Vortag vor dem angesagtesten Café der Stadt bezogen haben. Da sich die Kanadier bislang immer von ihrer nachsichtigen Seite gezeigt haben, bauen wir auch hier
darauf, dass wir in unserem Tarn-Tesomobil wohl keinem ins Auge fallen werden und wenn doch, sich sicher keiner an unserer illegalen Position stören wird.
Aber da haben wir wohl die Rechnung ohne den Besitzer-Wirt gemacht! Der hämmert unverschämterweise zu nachtschlafender Zeit um 07:45 an unsere Mobil-Tür und fordert uns auf, augenblicklich seinen
Parkplatz zu verlassen, denn das sei eine Hochverkehrszone und es gelte darüber hinaus in der gesamten Innenstadt ein Übernachtungsverbot für Camper. Wie konnten wir das nur übersehen haben…?!
Wir erklären, dass uns das nicht bewusst gewesen ist und kündigten an, sofort das Feld zu räumen, nicht ohne zu fragen, ob es uns gestattet sei, dann wenigsten unseren Morgenkaffee in seinen
ansprechenden Räumlichkeiten zu uns zu nehmen. So viel Unverfrorenheit schient auch einen solch üblicherweise sehr entspannten Kanadier zu entwaffnen und wir unterhalten uns später angeregt in
seinem Laden und nach Aufklärung des wie er es nannte „Misunderstandings“ wünscht er uns eine gute Reise!
Die haben wir in der Tat. Der Rückweg gestaltet sich paradiesisch, da wir im Pacific Rim National Park durch den 20 km langen Long Beach fahren und immer wieder Abstecher zu den Stränden
unternehmen, mal über beplankte Wege, mal über kurze Feldpfade. Der Schooner Wanderweg führte uns an eine atemberaubende Stelle, die bei Ebbe einen riesigen Strandabschnitt ans Licht bringt, an
dem wir unsere T-Shirts zu Badetüchern umfunktionierten und freudig in den Pazifik hüpfen.
Dem Bürgermeister des Dorfes mit dem scheinbar unaussprechlichen Namen Ucluelet haben wir es am späteren Abend zu verdanken, dass wir in dem weitaus ruhigeren Nachbardorf von Tofino neben dem
Bürgerhaus nicht nur einen äußerst friedlichen Stellplatz finden, der nur von einem direkt neben unserem Fenster grasenden Reh aufgesucht wird, sondern auch netterweise in der Abendsonne eine
hervorragende Internetverbindung nutzen können.
Damit verlassen wir die Westküste der Insel und machen uns auf nach Victoria, unserem Tor in die Vereinigten Staaten. Wir erkundigen uns über die Zollformalitäten, kaufen nach unserer
Stadterkundung ein Ticket für die Fähre nach Port Angeles und dürfen somit ausnahmsweise mit Genehmigung direkt am Hafen unser Nachtlager aufschlagen.
Die uns gegenüber angekündigte Durchsuchung des Autos nach bedenklichem nächtlichem Schauspiel vor unserem Fenster – hier packen vier Zollbeamte ein komplettes Reisemobil einer jungen,
fluchtenden Dame feinsäuberlich über Stunden aus – findet am nächsten Morgen schlichtweg nicht statt. Sowohl der scheinbar mexikanische Zollbeamte, von dem wir uns am Vorabend die Prozedur haben
erklären lassen und der uns bei unserem Vorsprechen am nächsten Morgen auch gleich wiedererkennt, als auch sein ursprünglich aus Bologna stammender Kollege lassen die Abfertigungsprozedur eher zu
einem netten Reiseplausch ausarten denn zu einer Kontrolle, was nicht nur uns, sondern auch die in Kanada erworbene würzige Hartwurst freut, die uns somit unkonfisziert als erste Zwischenmahlzeit
zur Verfügung steht und nach unserer Ankunft in unserem Mund verschwindet! Haben wir uns das Procedere an der Grenze nicht zuletzt auf Grund Erzählungen anderer Reisender wesentlich komplizierter
und Nerven aufreibender vorgestellt. Denn auch bei unserer Ankunft in Port Angeles winkt uns der dortige Zolloffizier mit den Worten „Have a good trip!“ einfach durch.
So kehren wir dem schönen Kanada den Rücken und grüßen Euch nun aus Amerika. Wir sagen bis bald
Lella und Thomas
Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
tesomobil.de/index.php
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